Eine aktuelle CRM-Studie kommt zur Erkenntnis, dass viele Unternehmen die Wünsche ihrer Kunden nicht kennen. Lesen Sie, wie Customer Relationship Management zum Erfolg führen kann.
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Woran Customer Relationship Management scheitert
Vor 20 Jahren führte Baufritz ein CRM-System ein. Doch das eigenentwickelte Programm hielt den Fortschritten im Customer-Relationship-Management nicht stand: Mobil ging nichts, es fehlten Automatismen und es gab auch keine Anbindung an das betriebliche ERP-System. Deshalb wechselte der Ökohausbauer Anfang letzten Jahres zu einem gängigen System. „Der Weg ist herausfordernd“, sagt Verkaufsleiterin Nadja Wriedt unumwunden, denn gleich 90 User müssen sich von alten Gewohnheiten verabschieden. Doch erste Erfolge stellen sich ein: Einige Kollegen finden es bereits „cool“, dass sie jederzeit und von überall mit dem Tablet arbeiten können und alle Informationen und Kundendetails parat haben.
Vor allem strategisch kommt das Traditionsunternehmen mit Sitz in Erkheim/Allgäu einen wichtigen Schritt voran. Weil beim Hausbau 80 Prozent einmalige Kunden sind, ist es entscheidend, schnell einen ersten Kontakt aufzubauen. Bei jährlich 15.000 Kataloganfragen kommen die deutschlandweit 25 Handelsvertreter nicht immer dazu, innerhalb von 24 Stunden zu reagieren. Deshalb bekommen die Interessenten nach dem Versand des Katalogs jetzt als Zwischenschritt automatisch über das CRM-System eine personalisierte E-Mail mit den Kontaktdaten ihres regionalen Ansprechpartners. „Wir haben für den ersten telefonischen Kontakt wertvolle Zeit gewonnen“, erzählt die 42-jährige Diplom-Kauffrau. Außerdem melden sich stark interessierten Kunden teils selbst zurück.
Wir haben für den ersten telefonischen Kontakt wertvolle Zeit gewonnen.
Es fehlen oft die Grundlagen
Die Entscheidung von Baufritz entspricht laut der „CRM-Studie 2020“ der allgemeinen Entwicklung. Zwar machen selbstentwickelte Systeme bei den mehr als 800 befragten Unternehmen immerhin noch 17 Prozent aus. Doch der Marktanteil schwindet gegenüber den vor allem genannten Anbietern wie SAP, Microsoft, Salesforce oder CAS. Ein Grund dafür ist, dass fast zwei Drittel der User ihren Eigenentwicklungen kritisch gegenüberstehen.
Auch die vier großen Anbieter erfüllen nicht immer die Kundenerwartungen, so die Studie, doch unter dem Strich gibt es mehr Befürworter als Kritiker. Rainer Schramm erklärt, dass hinter den Eigenentwicklungen fast immer Einzelkämpfer oder sehr kleine Entwicklerteams stecken, die mit der CRM-Entwicklung der vergangenen Jahre nicht mithalten konnten. Außerdem sei die Nachprogrammierung unverhältnismäßig teurer, so der Chef-Berater von itdesign, die neben MaibornWolff, Muuuh! Consulting und der Sievers-Group die Studie initiiert haben.
Es fehlen oft die Grundlagen für einen geölten Verkaufsprozess.
Dass Kunden auch nach dem Wechsel auf gebräuchliche Systeme unzufrieden sind, begründet der CRM-Experte unter anderem mit überhöhten Erwartungen: „Jedes Unternehmen möchte gerne wissen, wer wann wo etwas Neues kauft“. Soweit sei die Künstliche Intelligenz noch nicht. Außerdem würde Amazon, das oft als Benchmark herangezogen wird, seine Daten extrem sorgfältig pflegen und daraus sein starkes Wachstum generieren. Da hinken die Studienteilnehmer aktuell noch hinterher: Lediglich zwei Drittel haben Ansprechpartner, Kontaktdaten und Leistungen vollständig dokumentiert. Gerade zwei Fünftel dokumentieren Kontakthistorie und Verkaufschancen. Und nicht mal ein Drittel weiß etwas über die Zufriedenheit seiner Kunden oder deren Wünsche. „Es fehlen oft die Grundlagen für einen geölten Verkaufsprozess“, kommentiert Schramm.
CRM-Einführung: Erfolgsfaktor Partnerschaft
Hinderlich für den Erfolg kann laut der Untersuchung auch sein, dass die Entscheidung für ein CRM-System lediglich von einer Abteilung und ohne Absprache getroffen wird. Besser ist: Die Einführung wird vom Top-Management beschlossen und zwar für alle Abteilungen, die mittelbar mit Kunden zu tun haben. Denn CRM ist vor allem eine Unternehmensstrategie und weniger eine Technik. So geht es den Geschäftsführern
besonders darum, die Kommunikation zwischen Vertrieb, Marketing und Service zu erhöhen (36 Prozent), ein einheitliches Management der Kundenkontaktpunkte zu entwickeln (29 Prozent) oder das Kundenpotenzial besser auszuschöpfen (26 Prozent). Aufgaben, die eines gemeinsamen Denkens und Handelns bedürfen.
Um das Potenzial der CRM-Einführung voll zu nutzen und zusätzliche Impulse zu erhalten, kann es ein entscheidender Faktor sein, wenn das Projekt von einem erfahrenen Beratungsunternehmen begleitet wird. Das belegt auch die Studie: Drei Viertel der befragten Unternehmen lassen sich begleiten und profitieren von dem Wissen, die entsprechende Software in die IT-Landschaft und die bestehenden Prozesse einzubinden.
Die Leads haben wir auf der Messe zunächst mit einem handschriftlichen Messeberichtsbogen erfasst.
Mit diesem Anspruch hat Yamaichi Electronics 2003 sein CRM-System eingeführt. Rund 80 Mitarbeiter aus Vertrieb, Marketing, Einkauf, Produkt- sowie Qualitätsmanagement nutzen die Software. Entsprechend der kommunikativen Unternehmenskultur des Münchener Spezialisten für elektronische Steckverbinder und Kabelkonfektionen können diese Kollegen alle Kundendaten, laufende Projekte und Umsätze einsehen, erzählt Marketingleiterin Constanze Knoesel. Zudem lässt sich über eine Beurteilung von Verkaufschancen sogar ein gewisser Forecast für die kommenden Monate erstellen.
Die Marketingmitarbeiter nutzen die Kundendaten etwa um gezielt Filter für Mailings zu setzen. Je spitzer die Zielgruppe, desto mehr Klicks durchs Mailing, lautet die Erfahrung. Hat das Unternehmen etwa einen Stand auf einer Regionalmesse, werden nur die Kunden in unmittelbarer Umgebung informiert oder eingeladen. Gibt es Produktneuheiten für einen sehr speziellen Markt wie etwa Data Networking, wird nur dieser Kundenkreis angeschrieben und nicht die gesamte Kundschaft mit für sie „unnützen Informationen genervt“. Die Resonanz ist laut Vertrieb positiv, weil es mehr Kundenkontakte durch diese gezielten Mailings gibt.
Als es vor Corona noch Messen außerhalb des Internets gab, wie die SPS oder die Electronica, hat Yamaichi das CRM-System zudem für eine bessere Erfassung der Kundenkontakte genutzt. „Die Leads haben wir auf der Messe zunächst mit einem handschriftlichen Messeberichtsbogen erfasst“, sagt Constanze Knoesel, denn die Mitarbeiter behalten einen besseren Kontakt zu ihren Gesprächspartnern, wenn sie auf einen Zettel schreiben statt in einen Laptop.
Der Bericht wird nach der Messe einerseits als PDF und andererseits als Kundenkontakt ins System eingepflegt. Das können Azubis innerhalb einer Viertelstunde erledigen. Wichtig ist die A-, B-, C-Kategorisierung durch die Messemannschaft. Denn entsprechend schnell muss der Innen- oder Außendienst bei den Kunden nachfassen. Außerdem hat der Vertriebsleiter eine schnelle Übersicht, ob sein Team die Aufgaben erledigt hat. „Dieses Tool hat sich in der Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb bewährt“, urteilt die Münchenerin.
Nadja Wriedt ist froh, dass Baufritz noch vor der Corona-Pandemie umgestiegen ist: „Ohne den mobilen Zugriff wäre ein flexibles und strukturiertes Arbeiten kaum möglich gewesen“. Dank des neuen CRM-Systems können ihre Mitarbeiter vom Homeoffice auf die Kundendaten zugreifen und unabhängig weiterarbeiten.
Quelle: Jens Gieseler für https://www.computerwoche.de
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